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Der sagenumwobene Amtsschultheiß Riemenschneider macht als Repräsentant Rauschenbergs eine gute „Figur“
(Foto: Manfred Günther) Die Figur des Riemenschneiders hat im Stadtmuseum eine neue Heimat gefunden, darüber freuen sich nicht nur Bürgermeister Michael Emmerich (Zweiter von links) und Künstlerin Anja Schüler (Dritte von rechts) sondern vor allem Gerhard Friedrich (von links), Katrin Richter und Ulrike Möschet von der AG Museum. Es fehlt: Hannelore Klein.
Einst gefürchteter Beamter kehrt zurück ins Rathaus: als Plexiglasfigur im künftigen Stadtmuseum
Es ranken sich viele Sagen und Geschichten um den Amtsschultheiß Johann Heinrich Riemenschneider, der im 18. Jahrhundert in Rauschenberg wirkte. Überlieferungen bezeichnen jenen Beamten, der im Jahre 1759 nach Rauschenberg versetzt wurde, als einen gewalttätigen, völlig rücksichtslosen und parteiischen Mann. Er soll beim Schuld „heischen“, wie das Einfordern früher hieß, das Recht gebeugt und durch verlogene und gefärbte Berichte an die landgräfliche Regierung zu Kassel viel Unheil angerichtet haben. In Rauschenberg und den Dörfern des dazugehörigen Amtsbezirks atmeten seinerzeit viele auf, als er im Jahre 1770 starb. Doch er habe nach dem Tode keine Ruhe gefunden. Einige Sagen sind daher in Rauschenberg und Umgebung über ihn im Umlauf. So soll seine Seele in regelmäßigen Zeitabständen geradezu aus dem Grab gespeit werden.
Eine Figur von Riemenschneider hat nunmehr eine feste Stätte gefunden, und zwar dort, wo der Schultheiß einst sein Unwesen getrieben hat: im Rathaus. Diesmal aber ganz oben, im Stadtmuseum. Die fleißigen Helfer*innen der AG Museum des Kultur- und Verschönerungsvereins haben die beleuchtete menschengroße Plexiglasfigur samt Metall-Silhouette Rauschenbergs dort aufgebaut.
Dabei erging es der Figur bislang fast so wie einst dem Original, sie wanderte umher. Doch anders als der Amtsschultheiß selbst, hat sie Gutes getan: bei Veranstaltungen für die Stadt Rauschenberg geworben. Erstmals im März 2016 bei der ARTINEA, einer Ausstellung von Handwerk, Kunst und Design im Schloss Rauischholzhausen. Wenige Monate später dann bei der ersten Rauschenale, weiterhin bei der Oberhessenschau als Repräsentantin der Stadt am Stand des Landkreises Marburg-Biedenkopf, bei der Criminale oder während der 750-Jahrfeier Rauschenbergs.
Eine gute Figur abgegeben hat also im wahrsten Sinne des Wortes Anja Schüler. Oder besser gesagt, gleich deren zwei. Denn die Künstlerin hat nicht nur diese, sondern auch noch eine weitere Figur erschaffen: den Geist von Riemenschneider, der im Eingangsbereich des Rathauses seinen Platz gefunden hat. Schüler, hauptberuflich Mediengestalterin beim St. Elisabeth-Verein Marburg, ist nebenberuflich Mitbetreiberin von ARTsektor, einer kleinen, aber feinen GbR für Kunst und Kommunikation. „Gestalten“ – so heißen die beiden Figuren des Schultheißes, die ein Teil des Projektes „Sagenhaftes Rauschenberg“ und in Abstimmung mit der Autorin Anne Grieser entstanden sind. Sie schrieb zur Criminale im Jahr 2016 die Kurzgeschichte „Die Seherin von Rauschenberg“, erschienen im Band „SOKO Marburg-Biedenkopf, bei der die Sage um den Amtsschultheiß eine Rolle spielt. Mitglieder des „Syndikats“, der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen und -autoren, haben dabei einem ganzen Landkreis ein literarisch-kriminelles Denkmal gesetzt.
Beim Weihnachtsmarkt am 2. Dezember zu bewundern
Interessierte können sich die Figur während des Rauschenberger Weihnachtsmarktes am 2. Dezember anschauen und auch die dazugehörige Kurzgeschichte lesen.
Bis die Figur regelmäßig zu sehen sein wird, wartet aber noch eine Herkulesaufgabe auf die Helfer*innen der AG Museum. Denn diese sind derzeit dabei, im Dachgeschoss des Rathauses das in den 1960er Jahren entstandene Heimatmuseum in ein Stadtmuseum umzuwandeln, das die Historie und Besonderheiten Rauschenbergs in den Fokus rücken soll. Schritt für Schritt wird dabei seit 2017 konzeptioniert, inventarisiert und gewerkelt.
Während der Präsentation der Riemenschneider-Figur im Dachgeschoss betonte Bürgermeister Michael Emmerich noch einmal die besondere Leistung der ehrenamtlichen Helfer*innen, dankte für die viele Arbeit, die bislang geleistet wurde, und machte auch deutlich, dass es noch einiges zu tun gibt.
Aber die AG Museum des KVR Rauschenberg – das sind vor allem Ulrike Möschet, Hannelore Klein, Gerhard Friedrich und Katrin Richter – wird dabei ganz sicher auch weiterhin „sagenhafte“ Arbeit leisten.
Manfred Günther