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Nachkommen Rauschenberger Auswanderer kehren nach 172 Jahren in die Heimatstadt zurück
Back to the Roots – Zurück zu den Wurzeln
Christopher Paul Wittekind - bei der Einbürgerung in die USA im Jahre 1872 verlor sich der letzte Buchstabe (t) bei der Übertragung des Familiennamens ins Englische – lud seinen Vater Paul Richard Wittekind ein, eine Reise in die Familiengeschichte zu unternehmen. Seine beispielhafte Vorbereitung in der Nachforschung seiner Ahnenfamilie in Rauschenberg ist auch ein Gewinn für unsere Stadt, in der der Familienname auch heute noch gehäuft vorkommt. So war es ein erklärter, emotionaler Wunsch der Amerikaner, Namensvetter zu treffen, was durch einen Empfang im Magistratszimmer des Rathauses ermöglicht wurde. Hier konnte Bürgermeister Emmerich am 9. Oktober 2024 nicht nur die USA-Gäste, sondern auch Rauschenberger Bürger gleichen Namens begrüßen.
Ludwig Pigulla hatte Helmut Wittekindt, Inge Seibert geb. Wittekindt, Marianne Jockel geb. Wittekindt und Elisabeth Schein geb. Wittekindt motivieren können, den Besuch zu einer Win-Win-Veranstaltung werden zu lassen. Familiengeschichten und Gastgeschenke wurden ausgetauscht, bevor man den Rathausturm erklomm. Immerhin war der erste ermittelte Vorfahre Reitz (Heinrich) Wittekindt ebenfalls im Jahre 1611 Bürgermeister der Stadt. Ihm folgte im Amt Conrad Wittekindt 1647 sowie Heinrich Wittekindt als Ratsschöffe von 1700 – 1763.
Bei dem folgenden Stadtrundgang konnten Wohnstätten aufgesucht werden (Borngasse und Pfaffengasse), in denen die Stammhäuser ehemals standen. Der alte Stadtplan des Landmessers Schäfer von 1740 war dabei sehr hilfreich. In der Kraftgasse ermöglichte es uns Harry Moll, in einen beeindruckenden Gewölbekeller Rauschenberger Häuser abzusteigen, die vormals als Vorratsräume genutzt wurden, aber auch als Schutzraum in den so häufigen Kriegszeiten dienten.
Chris, wie der Gast gerne genannt werden wollte, ist in familiärer Tradition bekennender Lutheraner Protestant, und so war es selbstverständlich, die Stadtkirche zu besuchen, in der sicherlich schon seine zur Auswanderung entschiedenen Vorfahren für eine sichere Überfahrt über den Ozean gebetet hatten.
Tags zuvor zeigte Ludwig Pigulla den Texanern die historische Altstadt von Marburg. Der Aufstieg zum Landgrafenschloss folgte sowie der Besuch der ersten gotischen Kirche in Deutschland, die der Heiligen Elisabeth geweiht ist. Das Bauwerk zeigte sich ja auch schon so den Vorfahren zur Zeit der Auswanderung.
Zur bleibenden Erinnerung an diesen Besuch wird das „Evangelische Kirchengesangbuch“ der lutherischen Gemeinde in Rauschenberg aus dem Auswanderungsjahr beitragen, das die beiden Wittekindts als Geschenk und Erinnerungsschatz mit in die USA nehmen dürfen. Weitere Gastgeschenke bildeten eine Chronik der Stadt Rauschenberg, Bildmaterial und eine Tonvase mit dem Emblem des Rauschenberger Rathauses sowie T-Shirts der 750 Jahrfeier.
Der gelungenen, zwischenmenschlichen Begegnung mit der Reise in die Vergangenheit tat auch der Umstand keinen Abbruch, dass die alte Heimatstadt keinen Ort zur Übernachtung und hessischem Essen bereit hielt.
Die fast einjährige Vorbereitung und Korrespondenz zwischen Chris und Ludwig Pigulla war für beide Seiten lohnenswert und bleibt in tiefer Erinnerung.
Text und Fotos: Ludwig Pigulla